Aldo1 hat geschrieben:
NEIN! Das scheint nur so! Die anglikanischen Gottesdienste in Deutschland sind ur-britisch und gehen nicht im Geringsten auf die deutsche Mentalität ein. Die Besucher sind in dieser britischen Mentalität aufgewachsen (Commonwealthländer) oder passen sich dieser Mentalität kritiklos an (junge deutsche Besucher).
Das stimmt natürlich nicht. Ich war einige Jahre lang Mitglied des Gemeindevorstandes einer anglikanischen Gemeinde in Deutschland und kann daher einigermaßen beurteilen, was da läuft.
Nur ein Teil der Gemeinden in Deutschland ist Teil der C of E, ein anderer Teil gehört zur amerikanischen Episkopalkirche. Für die Gemeinden Episkopalkirche gilt ohnehin nicht, daß sie 'britisch' seien. Meine Gemeinde gehörte zwar zur C of E, jedoch waren über Jahre hinweg Priester der Church of South India dort die Chaplains. Die Gemeindemitglieder kamen aus wirklich allen Erdteilen, da waren nicht nur Europäer, sondern auch Afrikaner, Inder und Asiaten - viele von ihnen noch nicht einmal Anglikaner in ihren Heimatländern. Natürlich gab es eine gewisse Dominanz anglo-amerikanischer Einflüsse (schon der Sprache wegen), aber der internationale Einfluß war ganz deutlich spürbar und in zahlreichen Gemeindeveranstaltungen sichtbar. Der jetzige Priester ist übrigens Amerikaner - und die Gemeinde hält auch regelmäßig zweisprachige gemeinsame Gottesdienste mit den örtlichen Alt-Katholiken. Abgesehen von den Spezialitäten unserer Gemeinde war die Situation in den anderen anglikanischen Gemeinden nicht grundsätzlich anders. Das sieht man auch schnell, wenn man sich einmal die Mühe macht, sich die Webseiten der anderen Gemeinden der CAECG anzusehen. Eine besondere Berücksichtigung der dt. Mentalität gibt es freilich nicht, das wäre auch ganz und gar unsinnig. Da aber scheint mir der Hase im Pfeffer zu liegen, wenn es um Deine Kritik geht: Du schreibst 'international', aber Du meinst eigentlich 'deutsch'.
Zitat:
Die Tatsache, dass die anglikanischen Gemeinden in Deutschland nicht bereit sind, Gottesdienste auch in deutscher Sprache abzuhalten, zeugt von einer Mischung aus Naivität und Arroganz nach dem Motto "Es sprechen ja sowieso alle Englisch".
Das ist völliger Unsinn. Die Gründe liegen ganz woanders, nicht aber in Arroganz. Zunächst einmal kommen in den anglikanischen Gemeinden viele Menschen zusammen, die kein Deutsch können. Englisch ist die gemeinsame Sprache dieser Gemeinden, nicht Deutsch. Viele der Menschen, die zu diesen Gemeinden gehören, leben nur für kurze Zeit in Deutschland und haben gar nicht die Chance, Deutsch zu lernen. Während die dort zugehörigen Deutschen sonntags die Wahl zwischen deutschen und englischsprachigen Gottesdiensten haben, können diese Menschen nicht wählen. Die Liturgie in der englischen Sprache ist die einzige Möglichkeit für sie, überhaupt an einem Gottesdienst teilzunehmen. Daher ist es es zunächst einmal die Aufgabe dieser Gemeinden, das Grundbedürfnis zu befriedigen. Wer eine deutsche Liturgie will, kann auch woanders hingehen, meist gibt es eine alt-katholische Gemeinde vor Ort.
Würden die anglikanischen Gemeinden nun beginnen, konsequent Angebote in dt. Sprache zu haben, würden sie sich damit klar als eigene Denomination neben Ev. Kirche, Altkatholiken und römischen Katholiken in Deutschland positionieren. Das geht nicht und ist auch nicht gewollt. Ein solcher Schritt könnte sinnvoll nur gemeinsam mit den Alt-Katholiken geschehen. D.h.: Konsequente Einbindung der bestehenden anglikanischen Gemeinden in das Bistum der Alt-Katholiken (oder umgekehrt). Gemeinsame bischöfliche Aufsicht, jede Gemeinde vor Ort entscheidet dann, welche Angebote sie in welcher Sprache macht. Ich bin davon überzeugt, daß es für einen solchen dt. Zweig der Anglikaner großes Interesse gäbe, aber die Initiative kann nicht allein von den angl. Gemeinden ausgehen. Ein Modell - ich hatte es schon anderswo erwähnt - könnte die Einbindung der fremdsprachigen methodistischen Gemeinden in die Strukturen der dt. Ev.-meth. Kirche sein. Ich bin der Meinung, daß auch die dt. Altkatholiken von einer solchen Entwicklung auf Dauer profitieren würden.