paul-jacob hat geschrieben:
Meine „Testsuche“ mit der ISBN brachte dieses Ergebnis:
Örtlicher Buchhändler, Thalia, Weltbild und buch.de: kein Treffer, nicht gelistet.
Amazon, buecher.de: Buchtitel wird eingeblendet aber nicht lieferbar, keine Preisangabe.
Sowas passiert mir öfter bei der Suche abseits von Mainstream-Veröffentlichungen, es existiert also offensichtlich eine schwarze Liste der schwarzen Schafe unter den Kleinverlegern.
Jein, eine ausgesprochene "schwarze Liste" existiert nicht. Es gibt allerdings vom Sortimenterausschuss beim Börsenverein des Buchhandels herausgegeben eine sogenannte "gelbe Liste" von Verlagen, die bekannterweise gegen Sinn und Buchstaben des Buchpreisbindungsgesetzes verstoßen bzw. nur direkt an Endkunden liefern wollen. Diese Heftchen hatten meine Mitarbeiter und Auszubildenden immer neben dem Computer liegen, um so im Zweifelsfall direkt bei der Bestellung des Kunden nachschlagen zu können, ihm den Sachverhalt zu schildern und eine entsprechende Behandlung des Bestellwunsches zu gewährleisten. Zu einer Löschung aus dem VLB führt diese Listung aber nicht.
Bei den Nichtlieferbarkeitmeldungen, die Du mitunter dann erlebt hast, kommen dann schon noch andere Faktoren zu tragen.
Ich versuche das mal kurz zu erläutern an dem Beispiel von oben, das Du wohl auch gesucht hast: 978-3-00-050390-0
Der Verlag ist für den Eintrag in das Verzeichnis lieferbarer Bücher selbst verantwortlich. Er sollte nach dem Willen des Gesetzgebers den Buchpreis gewissenhaft und kompetent ( für den Buchhandel vor)kalkuliert haben. Das Verzeichnis lieferbarer Bücher ( nicht zu verwechseln mit der Deutschen Nationalbibliografie) ist die Referenzdatenbank für die aktuelle deutschsprachige Buchproduktion hinsichtlich Titel, Ausstattung und Preis der Bücher. Es enthält zur Zeit ca. 1.700.000 damit als lieferbar gemeldete deutschsprachige Titel aus 21000 "Verlagen", wovon ca. 7000 "echte" Verlage sind. (Der Rest besteht aus Selbstverlegern, Vereinen, Instituten etc., die jeweils ein, zwei vielleicht sogar ein dutzend Bücher lieferbar haben.)
Unser Beispiel sieht dort (nach der Änderung vom 18.3.2016) so aus:
Dateianhang:
VLB-scr.jpg
Wie gesagt, daß ist der Datensatz, den der Buchhändler aus dem VLB bekommt. Das VLB ist in einer vereinfachten Form ist übrigens für jeden OttoNormalVerbraucher unter dem Portal
http://www.buchhandel.de nutzbar. Hier kann der Kunde übrigens auch das Buch bei einer Buchhandlung in seiner Nähe (Postleitzahlbereich) bestellen und seine Lieblingsbuchhandlung voreinstellen. Der Eintrag des bestreffenden Buches sieht so aus:
Dateianhang:
buchh-scr.png
Neben dem VLB haben die großen Zwischenhändler ihre eigenen (Lager)kataloge. Diese Großhändlerlager und ihre Kataloge konzentrieren sich ihrerseits auf die 500.000 bis 1.000.000 gängigsten und aktuellsten Titel, die sie von den Verlagen einkaufen und an die Buchhändler weiterverkaufen, in dem sie über Nacht die bestellte Ware aus dem eigenen Lager liefern. Dadurch entsteht ein Rationalisierungseffekt. Buchhändler A bekommt täglich nicht 100 verschiedene Sendungen von 100 verschiedenen Verlagen, sondern -idealerweise- 90 Bücher von einem Lieferanten über Nacht und die restlichen Zehn (, die die Großhändler nicht haben) ein paar Tage später von den Verlagen selbst. Problematisch wird es für den Buchhändler selbst bei gewissenhaft vom Verlag vorkalkulierten Büchern, wenn der Anteil einzelnen Verlagskleinbestellungen zu hoch wird: Denn der Portoanteil kann dann die Handelsspanne schon soweit auffressen, daß die restlichen Kosten nicht mehr gedeckt sind.
Hinzukommt, daß nicht nur das VLB Geld kostet, sondern auch die Kataloge der Großhändler teuer bezahlt werden müssen. Daher neigen einige BuchhändlerInnen dazu -und werden von bestimmten Betriebsberatern darin noch bestärkt- auf die Lizenz des VLB zu verzichten und nur mit dem jeweiligen Großhändlerkatalog zu arbeiten: hier sind ja die Titel drin, die ihnen ihr Brot bringen. Im VLB sind ne Menge Titel, die Brot fressen. Also existiert für einen Teil der kleinen Geschäfte vor Ort nur das, was im Großhändlerkatalog ist. Aber auch bei den Filialisten, wo die einzelnen Abteilungsleiter sehen müssen, daß sie monatlich ihren Deckungsbeitrag erwirtschaften, neigt man zu dieser unguten Lösung.
Bei Amazon nun haben wir eine andere Variante: die ziehen ihre Daten aus dem VLB (und verschlechtern die Daten dabei erheblich). Titel, die Amazon selbst nicht bei bereits erwähnten Großhändlern bezieht, müßte es entweder selbst an Lager haben oder über den Amazonmarketplace via einem dritten Händler zugänglich machen. Tut es aber nicht, weil die Handelsspanne zu gering ist. Eigentlich müßte es melden: "Titel führen wir nicht". Amazon täuscht aber gerne die Kunden in Richtung einer prinzipiellen Vergriffenheit mit der mißverständlichen Floskel "nicht verfügbar". Entsprechendes gilt für "buecher.de".